Der "Opfermythos" - der Umgang Österreichs mit seiner NS-Vergangenheit
Im Oktober 2013 wurde die österreichische Ausstellung im Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau nach fast vierzig Jahren geschlossen. Auf ihrer riesigen Eingangstafel war zu lesen: „11. März 1938: Österreich – erstes Opfer des Nationalsozialismus“.
Mit diesem Zeitstrahl wollen wir euch die Auseinandersetzung Österreichs mit seinem historischen Erbe der NS-Zeit näher bringen. Dazu haben wir Dokumente und Audiofiles aus der Österreichischen Mediathek (https://www.mediathek.at/unterrichtsmaterialien/vergangenheitsbewaeltigung-in-oesterreich/) gesammelt und Informationen, die vom Demokratiezentrum (https://www.demokratiezentrum.org/bildung/ressourcen/timelines/der-opfermythos-in-oesterreich-entstehung-und-entwicklung/) zur Verfügung gestellt wurden, verwendet. Begleitend zu den Stationen haben wir Impuls- und Diskussionsfragen für euch erarbeitet. Dabei sind wir auf Aspekte eingegangen, die uns selbst an der Thematik interessiert haben und über die wir mehr wissen wollten. Einige Stationen eigenen sich auch zur weiteren Vertiefung in das Thema, daher haben wir auch Vorschläge für eine weiterführende Recherche für euch gemacht. ;xNLx;Wie schwer man sich in Österreich mit der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Ver-gangenheit tat und wie widersprüchlich mit dieser Vergangenheit umgegangen wird, zeigen die Ereignisse und „Affairen“ in diesem Zeitstrahl. Wir wollen vor allem in den letzten Stationen des Zeitstrahls darauf aufmerksam machen, dass eine aktive Erinnerungskultur eine kontinuierliche Auseinandersetzung sein sollte, da nationalsozialistisches Gedankengut, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und antidemokratische Tendenzen nach wie vor in unserer Gesellschaft vorhanden sind. ;xNLx;
1943-10-30 00:00:00
1943 - Die Moskauer Deklaration
Die nationalsozialistische Vergangenheit unseres Landes wurde in der österreichischen Gesellschaft lange Zeit vergessen, tabuisiert oder verdrängt. Diese problematische Auseinandersetzung begann schon 1945, indem sich Österreich als erstes Opfer des national-soziaistischen Deutschlands präsentierte. Gestützt wurde diese Interpretation des „Anschlusses“ durch die am 1. November 1943 veröffentlichte „Moskauer Deklaration, in der die Alliierten das Ziel eines freien und unabhängigen Österreichs erklärten. Österreich wurde in diesem Dokument tatsächlich als „erstes Opfer der typischen Angriffspolitik Hitlers“ bezeichnet, gleichzeitig wurde jedoch festgehalten, dass Österreich eine Mitverantwortung am 2. Weltkrieg trägt.
1947-01-01 00:00:00
1947 Umgang mit Opfern – Das Opferfürsorgegesetz
1947 wurde das Opferfürsorgegesetz erlassen. Das Gesetz teilte die Opfer in folgende zwei Kategorien: ehemalige (partei )politisch aktive Widerstandskämpfer:innen und Opfer von Verfolgung aus rassistischen, religiösen, nationalen oder politischen Gründen. Opfer, die aufgrund einer Behinderung verfolgt wurden kamen erst 1995 hinzu, 2005 alle anderen vom NS-Regime verfolgten Gruppen wie Homosexuelle, Opfer der NS-Gesundheitspolitik und jene der Militärjustiz.
1955-05-01 00:00:00
1955 Staatsvertrag
Am 15. Mai unterzeichnet Außenminister Leopold Figl im Schloss Belvedere den Österreichischen Staatsvertrag. Kurz zuvor hatte Figl erreicht, dass die Mitschuld Österreichs am Zweiten Weltkrieg, die im Absatz 3 der Präambel festgeschrieben war, gestrichen wurde.
1965-03-31 00:00:00
1965 - Widerstand gegen den Umgang mit Täter:innen
In den 60er Jahren formiert sich Widerstand gegen den Umgang mit Täter:innen und Menschen, die nach wie vor dem nationalsozialistischen Gedankengut anhängig waren.
1975-03-01 21:50:25
1975 - „Kreisky-Peter-Wiesenthal Affäre“
Simon Wiesenthal, Leiter des jüdischen Dokumentationsarchivs, gibt im Jahr 1975 in einer Pressekonferenz bekannt, dass der Bundesparteiobmann der FPÖ - Friedrich Peter - Mitglied einer berüchtigten SS-Einsatztruppe gewesen sei, die im Zweiten Weltkrieg hinter der Ostfront zahllose Kriegsverbrechen begangen habe.
1985-01-24 21:50:25
1985 - Walter Reder
Walter Reder war als SS-Sturmbannführer unter anderem für ein Massaker im italienischen Marzobotto verantwortlich, bei dem 1800 Bewohner:innen ums Leben kamen. 1951 wurde Reder in Italien zu lebenslanger Haft verurteilt.
1986-01-01 05:55:41
1986-1987- Die „Waldheim Affäre“
Kurt Waldheim zählte zu den bedeutendsten, gleichzeitig aber auch zu den umstrittensten Politikern Österreichs. Seine politische Karriere begann er 1947 als Sekretär des damaligen Außenministers Karl Gruber. 1971 wurde er zum Generalsekretär der Vereinten Nationen gewählt und übte dieses Amt bis 1981 aus. Von 1986 bis 1992 war Waldheim österreichischer Bundespräsident.
1988-01-01 00:00:00
Gedenkjahr 1988 – Heldenplatz und Hrdlichka Denkmal
Eine internationale Historiker:innenkommission widerlegt in ihrem offiziellen Bericht Kurt Waldheims Behauptungen, dass er von Kriegsverbrechen am Balkan nichts gewusst habe. Waldheim, der bereits Bundespräsident von Österreich ist, wird von Simon Wiesenthal, dem Leiter des Jüdischen Dokumentationszentrums, zum Rücktritt aufgefordert.
1991-07-08 00:00:00
1991-1993 Rede Franz Vranitzky am 8. Juli 1991, Besuch Jerusalem 1993
Der FPÖ Vorsitzende Jörg Haider vergleicht das die verbrecherische System des Nationalsozialismus mit einer „ordentlichen Beschäftigungspolitik“. Bundeskanzler Franz Vranitzky reagiert im Nationalrat auf diese Aussagen am 8. Juli 1991 mit einer richtungsweisende Rede, in der er die „Opferthese“ reflektiert und in Frage stellt und sich der Mitschuld der Österreicher:innen am 2. Weltkrieg und bekennt:
2000-01-01 00:00:00
2000-2010 Mahnmal am Judenplatz, Wehrmachtsausstellung, Historiker:innenkommission
2005-01-01 00:00:00
2005-2019 Gegenwart und Zukunft – Geschichtsrevisionismus, Verharmlosung und bewusste Leugnung
Im Jubiläumsjahr 2005 steht jedoch wieder eine sehr unreflektierte Sichtweise auf Österreichs Vergangenheit, vor allem in Bezug auf die Mitverantwortung an NS-Unrecht, im Zentrum des Staatsvertragsjubiläums. Man konzentriert sich auf wirtschaftliche Erfolge und stellt so genannte „Erfolgsstorys“ in den Vordergrund.
2020-01-01 00:00:00
2020 Antisemitismus + Covid, Geschichtsrevisionismus, Verschwörungstheorien
Der Beginn der Corona Pandemie bringt eine weitere Zäsur in der Etablierung rassistischer und fremdenfeindlicher Narrative. Neue Feindbilder werden etabliert und stark mit antisemitischen rassistischen Bildern aus dem Nationalsozialismus verknüpft. Vor allem antisemitische Feindbilder dienen als Grundlage für Verschwörungserzählungen.
2021-11-09 00:00:00
2021 Shoah Namensmauer Gedenkstätte und Ausblick
Ein positives Beispiel für eine aktive Erinnerungskultur ist die Eröffnung der Shoah Namensmauer am 9. November 2021.