Durchklicken, Revue passieren lassen, Nachlesen, Nachhören und Nachgucken: Zwei Jahre lang stand das Hohenheimer Leitthema „Bioökonomie“ bundesweit im Blick der Öffentlichkeit. Ob digitales Bioökonomie-Camp, Podcast, Zukunftsgespräche, Wissenschaftsvideos & Artikel, Kreativwettbewerb, … - die Uni Hohenheim ließ sich von Corona nicht ausbremsen und nutzte die Gelegenheit, um Forschung zu wichtigen Zukunftsfragen für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen und in den Dialog zu kommen. Sie haben nicht alles mitbekommen? Kein Problem! Mit dem interaktiven Multimedia-Zeitstrahl können Sie auf die Wissenschaftsjahre 2020/21 zurückblicken!
Waschmittel aus natürlichen Rohstoffen, Kunststoffe aus Biomasse, Algen als neue Eiweißquelle für die Menschen: Das bundesweite Wissenschaftsjahr 2020 / 21 steht im Zeichen der Bioökonomie – und damit einer nachhaltigen, biobasierten Wirtschaftsweise. Die Universität Hohenheim in Stuttgart zählt zu den führenden Universitäten im Bereich Bioökonomie in Europa, sie hat sich die Bioökonomie als Leitthema auf die Fahnen geschrieben. Nach der Eröffnung des Wissenschaftsjahres durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fällt am 23. Januar 2020 mit einer Pressekonferenz auch an der Universität Hohenheim der Startschuss. In zahlreichen Formaten wird sie in den kommenden zwei Jahren das Thema auch für die Öffentlichkeit greifbar machen.
Schaufenster Bioökonomie: Angefangen bei den verschiedenen Brotsorten über Brötchen, Brezeln und Croissants bis hin zu süßen Stückchen wie Puddingschnecken und Schweineohren – in unseren Bäckereien gibt es eine schier unüberschaubare Vielzahl an Backwaren. Doch diese Vielfalt wird häufig teuer bezahlt: Was abends nicht verkauft worden ist, landet im Müll. Dies ist nicht nur eine ungeheure Lebensmittelverschwendung, sondern verbraucht auch unnötig Energie. Abhilfe schaffen will hier das EIT Food-Projekt „PrO4Bake“. Unter Leitung des Forschungszentrums für Bioökonomie an der Universität Hohenheim in Stuttgart hat sich ein internationales Konsortium aus Wirtschaft und Wissenschaft zusammengeschlossen. Prof. Dr. Bernd Hitzmann vom Fachgebiet für Prozessanalytik und Getreidewissenschaft ist unter anderem zuständig für das Computermodell: „Mit Hilfe von Simulationen wollen wir die Abläufe in Bäckereien optimieren, was zu einer höheren wirtschaftlichen und ökologischen Effizienz führt. So können nicht nur die Produktionskosten für Bäckereien gesenkt, sondern auch das Fortschreiten des Klimawandels verringert werden“, erklärt er.
Schaufenster Bioökonomie: Der Klimawandel verändert die Umweltbedingungen und das Feuerregime in der südafrikanischen Kapregion – und das könnte viele Pflanzenarten stärker in Bedrängnis bringen als bisher angenommen. Das haben Wissenschaftler der Universität Hohenheim in Stuttgart herausgefunden. Als Modellpflanzen dienten ihnen 26 Arten von Silberbaumgewächsen (Proteen). Diese wohl bekannteste Pflanzengruppe Südafrikas ist an häufig auftretende natürliche Feuer angepasst. Die Forscher entwickelten einen neuen Ansatz, die sogenannte ökologische Nische einer Art zu bestimmen, die besagt, unter welchen Umweltbedingungen die Art überlebensfähig ist. Anstatt sie wie bisher üblich aus der tatsächlichen geografischen Verbreitung abzuleiten, verwendete das Team direkte demographische Daten zu einer Art – und fanden bei vielen Arten große Diskrepanzen zwischen der ökologischen Nische und der tatsächlichen Verbreitung. Diese Erkenntnisse stehen im Wissenschaftsjahr 2020 Bioökonomie besonders im Fokus, da die Folgen des Klimawandels eine der größten Herausforderungen der Menschen darstellen.
Schaufenster Bioökonomie: Aus Holz kann man nicht nur Bretter und Feuerholz machen: Mit dem richtigen Know-how können daraus innovative und nachhaltige Produkte entstehen. Einer, der sich dieser Aufgabe widmet, ist Prof. Dr.-Ing. Rudolf Hausmann vom Fachgebiet für Bioverfahrenstechnik an der Universität Hohenheim in Stuttgart. In dem vom Land Baden-Württemberg in Lenningen neu gegründeten „Technikum Laubholz“ möchte er auf biotechnologischem Weg aus dem Rohstoff Laubholz moderne Tenside herstellen. Diese Biotenside können nicht nur spezielle Anforderungen der Industrie erfüllen, sondern über kurz oder lang auch eine Alternative zu den bisher aus Erdöl oder Pflanzenöl hergestellten Tensiden darstellen.
Wie schnell wird die globale Erwärmung in den kommenden Jahrzehnten voranschreiten? Ein entscheidender Faktor dafür ist bisher noch kaum erforscht: Tropische Schönwetterwolken, die sich in den äquatornahen Passatregionen Tag für Tag über dem Ozean bilden und wie ein kühlender Schutzschild für die Atmosphäre wirken. Sollte die Wolkendecke unter dem Einfluss des Klimawandels dünner werden, könnte das den weiteren Temperaturanstieg maßgeblich beschleunigen. Die weltweit einzigartige europäische Feldstudie EUREC4A mit Beteiligung von mehr als 30 nationalen und internationalen Partnern nahm die komplexen Wechselwirkungen zwischen Ozean und Atmosphäre am Beispiel der Region um Barbados in den vergangenen Wochen so genau unter die Lupe wie nie zuvor. Mit dabei: Fünf Klimaforscher und Hochleistungslaser-Technologie der Universität Hohenheim in Stuttgart. Das Lidar-System ARTHUS (Atmospheric Raman Temperature and Humidity Sounder), das an Bord eines Forschungsschiffs zum Einsatz kam, gilt weltweit als das beste Fernerkundungssystem, um Wasserdampf und Temperatur in den unteren Atmosphärenschichten zu messen.
Ein Obst- und Gemüsebeutel aus Organic-Cotton und ein ungewöhnlicher Bleistift, dessen Stummel am Ende nicht weggeworfen, sondern eingepflanzt wird: Anlässlich des Wissenschaftsjahres 2020 - Bioökonomie sind im Skriptenbüro aktuell zwei besondere Hohenheim-Produkte erhältlich. Die Aktion ist befristet, doch Nachhaltigkeit soll im Uni-Shop auch dauerhaft eine größere Rolle spielen.
Gelingt es nicht, die Ressource Phosphor nachhaltiger zu nutzen, steuert die Menschheit auf eine ernste Krise zu: Als Nährstoff für Pflanzen, Tiere und Menschen ist Phosphor unersetzlich. Gelangt er über Ausscheidungen oder abgestorbenes organisches Material zurück in die Böden, schließt sich der Kreislauf. Derzeit allerdings kommt die landwirtschaftliche Produktion weltweit nicht ohne Mineraldünger mit erheblichen Mengen an zusätzlichem Phosphat aus, das in natürlichen Lagerstätten abgebaut werden muss. Diese Vorkommen steuern jedoch ihrer Erschöpfung entgegen und sind zudem weltweit extrem ungleich verteilt. Auf der anderen Seite kommt es in Gebieten mit hoher Viehdichte häufig zu Umweltproblemen, weil über Gülle zu viel Phosphat auf den Feldern ausgebracht wird. Lösungsansätzen für das komplexe globale Problem erforscht derzeit ein deutsch-chinesisches Graduiertenkolleg am Beispiel von Maisanbausystemen. Das Ziel: Eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft im Sinn der Bioökonomie. Die gemeinsame Doktorandenausbildung an der Universität Hohenheim in Stuttgart und der China Agricultural University (CAU) in Peking wird seit Oktober 2018 von der DFG gefördert.
Schaufenster Bioökonomie: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Kohle und Erdöl zur Neige gehen. Eine unerschöpfliche Alternative könnten Pflanzenabfälle sein, die über spezielle Verfahren in hochwertige Kohlenstoff-Materialien umgewandelt werden. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien für die Herstellung derartiger Stoffe zu gewinnen, die dann zu kommerziellen Produkten verarbeitet werden können, ist das Ziel des von der Europäischen Union geförderten Projektes GreenCarbon. Oder vereinfacht ausgedrückt: „GreenCarbon untersucht Verfahren, um aus Biomasse interessante Produkte zu erzeugen“, fasst Prof. Dr. Andrea Kruse von der Universität Hohenheim in Stuttgart zusammen. Unter ihrer Leitung beteiligen sich seit 2016 Mitarbeiter des Fachgebietes Konversionstechnologien nachwachsender Rohstoffe an dem internationalen, multidisziplinären Forschungsprojekt. Mit einer Fördersumme von 500.000 Euro für die Universität Hohenheim stellt es ein Schwergewicht der Forschung dar.
Kann Kaffeesatz zur Mobilität von morgen beitragen? Klingt seltsam, könnte aber möglich sein. Denn mit speziellen chemischen Verfahren lassen sich aus biologischen Restoffen Materialien mit interessanten Eigenschaften für den Einsatz in E-Autos gewinnen. Agrarstudent Martin Junghanns hat im Rahmen von Humboldt reloaded an aktuellen Forschungsfragen am Lehrstuhl für Konversionstechnologie und Systembewertung nachwachsender Rohstoffe mitgeforscht. Seine Begeisterung fürs Thema schlug bei seinem Vortrag auf der Humboldt reloaded-Jahrestagung unmittelbar auf das Publikum und die Jury über. Der Online-Kurier hat den Preisträger in der Kategorie „Bester Vortrag“ für die Artikel-Reihe „Schaufenster Bioökonomie“ im Rahmen des Wissenschaftsjahrs 2020 interviewt.
Schaufenster Bioökonomie: Knackiger Salat, bewässert und gedüngt mit aufbereitetem Abwasser – und so Ressourcen wie Wasser, Nährstoffe und Flächen effizient nutzen: Das ist die Idee hinter dem gerade abgeschlossenen Projekt HypoWave. Dass sie funktioniert, hat die Pilotanlage des Forschungsteams auf dem Gelände einer Kläranlage bei Wolfsburg bewiesen. Kernstück der Anlage war ein sogenanntes hydroponisches System, bei dem Pflanzen ohne Erde in einer Nährlösung gezogen werden. Dr. Jörn Germer, Agrarökologe an der Universität Hohenheim in Stuttgart, hat es mit seinem Team für den Einsatz kommunaler Abwässer angepasst. Eine Idee mit Zukunft im Wissenschaftsjahr 2020 Bioökonomie. Das Gesamtprojekt unter Leitung der TU Braunschweig wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 2,1 Mio. Euro gefördert. An der Universität Hohenheim zählt das Teilprojekt mit einer Fördersumme über 386.448 Euro zu den Schwergewichten der Forschung.